Wade Wilson sagt, dass „Deadpool“ der beste Superheldenfilm aller Zeiten ist und dass man, wenn man nur einen Superheldenfilm sehen will, „Deadpool“ sehen muss.
mit Ryan Reynolds, Morena Baccarin, Ed Skrein, T. J. Miller, Gina Carano, Brianna Hildebrand, Leslie Uggams, Stan Lee (sein Cameo)
Wiederholung: Mittwoch, 3. Januar, 22.25 Uhr (dann ohne Schnitte. Denn „Deadpool“ ist ein FSK-16-Film und nach der Ankündigung dürften heute Abend etliche Minuten fehlen. Möglicherweise sogar über zehn Minuten!)
Weil die diesjährige Ausgabe von „Pop around the Clock“ bei 3sat ungewohnt schwach ausfällt (da hillft auch Metallica nicht)
Arte, 20.15
Moderne Zeiten (USA 1937, Regie: Charlie Chaplin)
Drehbuch: Charlie Chaplin
Tramp Charlie muss in einer Fabrik am Fließband arbeiten. Durch eine Verkettung unglücklicher Zufälle landet er sogar im Gefängnis.
Chaplins grandioser Stummfilm-Kommentar zur Industriegesellschaft und den Auswirkungen der Wirtschaftskrise ist ein immer wieder sehenswerter Klassiker der Komödie.
Danach, um 21.40 Uhr, zeigt Arte die Doku „Charlie Chaplin, wie alles begann“ (Frankreich 2013).
mit Charlie Chaplin, Paulette Goddard, Chester Conklin
James Bond: Casino Royale (USA 2006, Regie: Martin Campbell)
Drehbuch: Paul Haggis, Neal Purvis, Robert Wade
LV: Ian Fleming: Casino Royale, 1953 (Casino Royale)
James Bond soll Le Chiffre, den Finanzier eines weltweiten Terrornetzwerkes, ausschalten.
Nach allgemeiner Einschätzung ist der einundzwanzigste James-Bond-Film (Offizielle Zählung) einer der fünf besten, vielleicht sogar – vor “Skyfall” – der beste Bond-Film. Niemand hatte mit dieser umfassenden Revitalisierung des Mythos James Bond für das neue Jahrhundert gerechnet.
Der erste Auftritt von Daniel Craig als Geheimagent ihrer Majestät ist ein spannender Thriller mit einem viel zu langen Ende. Denn nachdem Le Chiffre tot ist, ist der Film noch lange nicht zu Ende.
Noch mehr James Bond: Bei Cross Cult erschien jetzt als 25. James-Bond-Buch „Der Mann von Barbarossa“. Eine deutsche Erstveröffentlichung. John Gardner hält den Thriller für seinen besten James-Bond-Roman. Dieses Mal muss James Bond zusammen mit einem internationalen Agententeam eine bis dato unbekannte Terroristengruppe aufzuhalten. Sie fordert die Verurteilung eines angeblichen Nazi-Kriegsverbrechers. Aber ist das alles, was die Bösewichter wollen?
Walt Longmire ist seit Ewigkeiten Sheriff in Absaroka County, Wyoming; einem fast menschenleeren Landstrich in den USA. Wyoming ist der bevölkerungsärmste Bundesstaat der USA. Mit 585.000 Einwohnern hat er sogar weniger Einwohner als Washington, D. C., oder, anders gesagt, weniger Einwohner als zwei x-beliebige Berliner Bezirke. Bei der Fläche sieht es anders aus. Mit 253.596 km² ist Wyoming zwar kleiner als Deutschland (357.376 km²), aber deutlich größer als jedes Bundesland. Da verbringt Longmire schon halbe Arbeitstage in seinem Auto auf der Fahrt zu verschiedenen Befragungen und Tatorten.
Eines Tages im Spätherbst wird Cody Pritchard erschossen aufgefunden. Ob es ein unglücklicher Jagdunfall oder ein Mord war, ist zunächst noch unklar.
Aber Pritchard war vor zwei Jahren einer der Vergewaltiger von Melissa Little Bird, einem Cheyenne-Mädchen aus dem benachbarten Indianer-Reservat. Bei der Gerichtsverhandlung wurden Pritchard und seine Schulfreunde Jacob und George Esper und Bryan Keller zu geringen Strafen verurteilt. Longmire, seine Kollegen und sein Kindergartenfreund Henry Standing Bear (ein Indianer mit guten Verbindungen zu seinen Stammesbrüdern) glauben daher, dass Pritchard ermordet wurde, um Melissas Vergewaltigung zu vergelten. Als auch der zweite der damaligen Täter durch einen Schuss aus großer Entfernung stirbt, versuchen sie, weitere Morde zu verhindern. Dabei kann der Täter jeder sein, der über ein bestimmtes Gewehr verfügt und ein guter Schütze ist. In Absaroka County grenzt das die Zahl der Verdächtigen kaum ein.
Craig Johnsons Kriminalroman „Longmire: Bittere Wahrheiten“ war vor über zwölf Jahren in den USA der Auftakt zu seiner Longmire-Serie, die es auch auf die New York Times-Bestsellerliste schaffte, zahlreiche Preise erhielt (u. a. The Wyoming Historical Association Book of the Year und Western Writers of America Book of the Year) und die Grundlage für die ebenfalls erfolgreiche TV-Serie „Longmire“ war. Im Juni 2012 zeigte A & E die erste Folge. Es war ein Erfolg. Später wanderte die Serie zu Netflix und im November 2017 veröffentlichte Netflix die sechste und finale Staffel.
In Deutschland wurde die Serie ab Januar 2014 auf dem Nischensender RTL Nitro vor entsprechend wenigen Zuschauern gezeigt. Später erschien die erste Staffel auch in Deutschland auf DVD.
Trotzdem weist der Festa Verlag, wo jetzt „Bittere Wahrheiten“ erschien, auf die TV-Serie hin. Und das ist für die breite Masse auch nicht die schlechteste Werbung.
Krimifans dürften im ersten Moment an Robert B. Parkers Jesse-Stone-Romane über die Abenteuer eines Kleinstadt-Cops in Paradise, Massachusetts, in der Sichtweite von Boston oder James Lee Burkes Dave-Robicheaux-Romane über die Abenteuer eines Kleinstadt-Cops in New Iberia, Louisiana, denken. Wegen der Dicke des Longmire-Romans und des ländlichen Schauplatzes wahrscheinlich eher an die Robicheaux-Romane. Und so ganz falsch liegen sie damit nicht, obwohl die Romane von Tony Hillerman über die Indianerpolizisten Joe Leaphorn und Jim Chee die treffendere Referenz sind.
Hillerman schrieb zwischen 1970 und 2006 achtzehn Krimis, in denen er die Abenteuer der beiden Ermittler erzählte, die in Arizona im Navajo-Reservat Kriminalfälle lösen. Immer verwandte er einen großen Teil der Geschichte auf das Schildern indianischer Traditionen und wie sich das Leben der Indianer im Reservat veränderte. Beides ist untrennbar mit den Fällen verbunden. Über die Jahre zeigte sich auch, wie sehr Traditionen immer mehr vergessen wurden.
Craig Johnson knüpft hier an Hillerman an. Sein Protagonist, der Ich-Erzähler Walt Longmire, ist ein äußerst normaler Mann. Vietnamveteran, seit drei Jahren allein lebender Witwer, mit einer Tochter, die inzwischen außerhalb Wyomings als Anwältin arbeitet, respektiert und ohne diese besonderen Eigenschaften und Marotten, die in anderen Krimis die Ermittler interessant machen sollen. Auch der Fall ist alltäglich. Entsprechend überschaubar, auch weil in dem County so wenige Menschen leben, ist die Zahl der Verdächtigen.
Im Zentrum des Romans steht die Beschreibung des Lebens in Absaroka County. Der alltäglichen Polizeiarbeit. Der Menschen, die sich alle kennen. Und, gerade im Indianerreservat, dem dortigen Leben, in dem die indianischen Traditionen zwar noch lebendig sind, aber, wie man schon in Hillermans Romanen lesen konnte, immer unwichtiger werden.
„Bittere Wahrheiten“ ist ein insgesamt spannender, mit viel Lokalkolorit gewürzter Roman, der allerdings auch unter seiner epischen Länge von fünfhundert Seiten leidet. Entsprechend zäh schleppen sich die Ermittlungen in den Mordfällen immer wieder hin, während wir noch etwas über die Polizeiarbeit, den Alltag in Absaroka County und die Landschaft und ihre Bewohner erfahren. Da wünscht man sich einige Seiten weniger. Es muss ja nicht gleich die Kürze eines Hillerman-Romans haben, der seine Geschichten auf normalerweise zweihundert bis zweihundertfünfzig Seiten erzählte.
Für Mai hat Festa den zweiten Longmire-Roman „Einsamer Tod“ angekündigt. Im Juli soll dann der dritte Longmire-Roman „Gute Taten rächen sich“ erscheinen. Und weil Craig Johnson eifrig weitere Longmire-Romane schreibt, ist für ausreichend Nachschub gesorgt.
Self/Less – Der Fremde in mir (Self/Less, USA 2015)
Regie: Tarsem Singh
Drehbuch: Àlex Pastor, David Pastor
Der todkranke Immobilienmogul Damian Hale erhält ein Angebot, das er nicht ablehnen will: für eine unglaubliche Summe wird sein Geist in einen frischen Körper transferiert. Es funktioniert und er erwacht im Körper eines jungen Mannes. Dummerweise hat er nach einiger Zeit Flashbacks aus dem Leben eines anderen Menschen. Hale will herausfinden, was diese Flashbacks bedeuten. Außerdem ist er stinkig, dass ihm gebrauchte Ware verkauft wurde.
TV-Premiere: Letztendlich nur okayer actionlastiger Verschwörungsthrillers, der das Potential seiner Prämisse verschenkt.
Leila freut sich auf die Rückkehr ihres Bruders Mahmoud aus dem Jemen. Sie kann ihm ihren neuen Freund Armand vorstellen und erzählen, dass sie demnächst ein Praktikum bei den Vereinten Nationen in New York absolvieren wird. Und er kann ihr von seinen Erlebnissen im Jemen erzählen.
Dummerweise kommt er mit einer massiven religiösen Klatsche zurück. Vor seiner Reise war Mahmoud ein normaler französischer Moslem, der nach dem Tod ihrer Eltern die Rolle des Familienoberhaupts für Leila und ihren jüngeren Bruder übernommen hat. Jetzt hat er nicht nur den Bart eines religiösen Fanatikers, sondern auch dessen Ansichten. Als erstes verbrennt er Leilas Reisepass. Danach verdonnert er sie zum Hausarrest und zu einem streng religiösen Leben.
Armand, Sohn intellektueller, vor der Revolution aus dem Iran geflüchteter und immer noch linkspolitisch hoch engagierter Eltern, ist verzweifelt. Aber einer der zahlreichen Flüchtlinge, die er und seine Mitkommilitonen in ihren Asylrechtsverfahren beraten, bringt ihn auf die Idee: als Frau verkleidet kann er seine Geliebte besuchen. Gesagt, getan: in einem Niqab besucht er Leila. Er behauptet, ihre Mitstudentin und beste Freundin Scheherazade zu sein.
Mahmoud, der alles für ein gottgefälliges Leben tut, verliebt sich sofort und unsterblich in die scheue Scheherazade, die all seine Avancen ablehnt.
„Voll verschleiert“ ist eine durchaus sympathische Komödie, in der Moslems und der Islam nicht als das Reich des Bösen erscheinen. Man lacht mit ihnen und nicht über sie. Es ist allerdings auch eine Komödie, die immer dann, wenn sie sich zwischen satirischer Zuspitzung und boulevardeskem Klamauk entscheiden muss, für das Boulevard entscheidet. Das ist dann so harmlos wie „Charleys Tante“, während man auf ein „Alles koscher“ (oder mehr) hofft.
Voll verschleiert (Cherchez la Femme, Frankreich 2016)
Regie: Sou Abadi
Drehbuch: Sou Abadi
mit Félix Moati, Camelia Jordana, William Lebghil, Anne Alvaro, Carl Malapa, Laurent Delbecque, Oscar Coop, Oussama Kheddam, Walid Ben Mabrouk, Miki Manojlovic
Den meisten Kritikern gefällt Yorgos Lanthimos‘ neuer Film „The Killing of a sacred Deer“ und auf einer intellektuellen Ebene kann ich das auch nachvollziehen. Jedenfalls teilweise.
Es geht, in einem Satz, um eine Arztfamilie, die von einem jungen Mann, der ihr Leben zerstören will, bedroht wird und wie sich die Familie dagegen wehrt. Wie es sich für einen Mystery-Thriller gehört, wird der Grund für das zunächst seltsame Verhalten des jungen Mannes erst spät enthüllt. Spätestens in dem Moment ist der Filmtitel für Menschen mit einer gesunden abendländischen Bildung mühelos verständlich.
Und ungefähr jetzt begeben wir uns notgedrungen auf das Terrain von Spoilern.
Denn der Filmtitel spielt auf den griechischen Mythos der Iphigenie an. Danach muss Agamemnon seine Tochter Iphigenie opfern, weil er in einem heiligen Hain der Jagdgöttin Artemis einen Hirsch getötet hat und sich mit der Tat brüstete.
Im Film ist dann Doktor Steven Murphy Agamemnon. Vor Jahren starb bei einer Operation einer seiner Patienten. Vorher hatte der Patient einen Autounfall. Aber der ist für die Filmgeschichte egal. Irgendwie geplagt von Schuldgefühlen trifft er sich mit Martin, dem sechzehnjährigen Sohn des toten Patienten. Und dieser schleicht sich in Murphys Familie ein. Er will sogar Murphy mit seiner Mutter verkuppeln und so wohl wieder eine richtige Familie haben. Letztendlich ist Martin aber kein nach Liebe und Geborgenheit suchender Stalker, sondern der durchgeknallte Psycho von nebenan, den wir aus zahlreichen Filmen kennen und der stoisch seinen Racheplan verfolgt.
Denn er schleicht sich nicht nur in de Bilderbuchfamilie Murphy ein, sondern belegt sie mit einem Fluch. Plötzlich können Murphys beiden Kinder sich nicht mehr bewegen und Martin fordert Murphy auf, eines seiner Kinder zu opfern. Oder er werde die gesamte Familie töten.
Diesen eher wenig plausiblen Konflikt (Warum rächt er sich nicht an der Person, die den tödlichen Unfall verursachte? Warum will er nur Murphy und nicht auch das restliche Klinikpersonal bestrafen?) etablieren Lanthimos und seinem Stamm-Co-Autor Efthimis Filippou arg umständlich. Jedenfalls wenn man die gängigen Drehbuchregeln anlegt. Auch verglichen mit ihrem vorherigen, ungleich gelungeneren Film „The Lobster“ (ebenfalls mit Colin Farrell n der Hauptrolle) dauert es in „The Killing of a sacred Deer“ lange, bis der Konflikt etabliert ist und die damit zusammenhängende Geschichte beginnt. Dafür zeigen sie, in schönster David-Lynch-Manier inszeniert und mit Schauspielern, die konsequent unnatürlich spielen, in elegant gefilmten Szenen die bröselige Fassade des gut situierten Bürgertums. Diese Szenen bringen die Geschichte nicht vorwärts, aber sie etablieren eine herrlich ver-rückte, absurde Welt. Emotionslos werden Sätze vorgetragen. Man agiert eher neben- als miteinander und auch offensichtliche Lügen zerstören den schönen Schein nicht. Das führt zu wohltuenden Irritationen in einer durch und durch artifiziellen Welt, die mit der Realität oder einer realistischen Inszenierung der Realität nichts zu tun hat. Das ist eher die Welt von „Twin Peaks“. Ohne die Überhöhungen, Symbolismen und Andeutungen von großen Geheimnissen, die irgendwann gelöst werden.
In der zweiten Hälfte, wenn die Murphys Martin im Keller gefangenhalten (nicht in einem kleinen Kellerloch, sondern im Freizeitzimmer) und die üblichen Psychospielchen beginnen, mutiert „The Killing of a sacred Deer“ schnell zu einer banalen und erschreckend eindimensionalen Rachegeschichte in der Martin sich rächen und Murphy seine Familie beschützen will. Wie in Sabus „Happiness“, der vor einigen Wochen bei uns anlief und der in der Mitte einen ähnlichen erzählerischen Bruch hat, zieht sich dieser Teil elendig lang hin, ohne dass wir etwas substantiell neues erfahren, die Geschichte irgendeine Entwicklung hat oder das Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird.
In „The Killing of a sacred deer“ wäre es natürlich die Frage, welches Opfer für eine schlimme Tat erbracht werden muss. Im alten Griechenland war es ein Menschenopfer. In dem Film verlangt das auch Martin. Immerhin ist, aus seiner Sicht, Murphy für den Tod seines Vaters verantwortlich.
Weil Lanthimos diese Frage nur innerhalb der von ihm selbst sehr eng gesteckten Regeln seines Spiel thematisiert, geht es nur darum, ob die Murphys Martin töten oder einer aus ihrer Familie (oder alle) sterben. Das hat einen Erkenntnisgewinn, der nicht über das alttestamentarische Auge um Auge, Zahn um Zahn hinausgeht, weil die Spielregeln genau so festgelegt wurden. Diese verkopfte Rache- oder, je nach Perspektive, Sühnegeschichte im Arthaus-Gewand ist damit sogar flacher als ein hundsgewöhnliches und strunzdummes Revenge-B-Movie.
The Killing of a sacred Deer (The Killing of a sacred Deer, Großbritannien/Irland 2017)
Regie: Yorgos Lanthimos
Drehbuch: Yorgos Lanthimos, Efthimis Filippou
mit Colin Farrell, Nicole Kidman, Barry Keoghan, Alicia Silverstone, Raffey Cassidy, Sunny Suljic, Bill Camp