Die Gerüchte über einen dritten Sherlock-Holmes-Film von Guy Ritchie mit Robert Downey jr. als Sherlock Holmes und Jude Law als Dr. Watson halten sich hartnäckig.
mit Robert Downey jr., Jude Law, Jared Harris, Noomi Rapace, Stephen Fry, Eddie Marsan, Rachel McAdams, Kelly Reilly, Geraldine James, Paul Anderson, Thierry Neuvic
Wiederholung: Freitag, 12. Mai, 01.15 Uhr (Taggenau!)
Es passiert, abgesehen von einer Geiselnahme, nichts wirklich dramatisches in „Certain Women“, dem neuesten Film von Kelly Reichardt. Zuletzt inszenierte sie den Anti-Western „Meek’s Cutoff“ und den Anti-Thriller „Night Moves“. Und wer diese und ihre vorherigen Filme kennt, weiß, dass die Geiselnahme in „Certain Women“ keine der hyperenergetischen, schnell geschnittenen Geiselnahmen ist, die wir aus zahllosen Thrillern kennen.
Die Independent-Regisseurin erzählt in ihrem neuesten Film drei in sich abgeschlossenen Geschichten von vier Frauen, die in und um Livingston in Montana leben. Die Anwältin Laura (Laura Dern) versucht seit Monaten ihren Mandanten Fuller (Jared Harris) zu überzeugen, dass seine Arbeitsrechtklage erfolglos sein wird. Als er in seiner Verzweiflung in einem Bürogebäude eine Geisel nimmt, soll sie ihn zur Aufgabe bewegen. Kelly Reichardt inszeniert diese Geiselnahme, wie den gesamten Film, konsequent entschleunigt und betont undramatisch. So als sei auch eine Geiselnahme Alltag und das Gespräch mit dem bewaffnetem Geiselnehmer nur ein weiteres Mandantengespräch.
Noch alltäglicher sind die beiden anderen Geschichten des Films. In der zweiten Geschichte wollen Gina (Michelle Williams) und ihr Mann Ryan (James Le Gros) für den Bau eines Hauses Natursteine von ihrem allein lebenden, zunehmend dement werdenden Nachbarn Albert (Rene Auberjonois) haben. Für ihn sind sie mit Erinnerungen verbunden. Für Gina sind sie ein schönes Deko-Element des geplanten Hauses, das sich in die malerische Landschaft einfügen soll.
In der dritten Geschichte setzt sich die Pferdepflegerin Jamie (Lily Gladstone) in einen Fortbildungskurs für Lehrer. Beth (Kristen Stewart) leitet den Kurs. Sie hat gerade ihr Jurastudium beendet. Für den Kurs muss sie an zwei Abenden in der Woche vom vier Stunden entfernten Livingston herkommen. Nach dem Kurs reden Beth (mehr) und Jamie (weniger) in einem Diner über ihr Leben und ihre Zukunft.
Als Beth eines Tages nicht mehr zum Kurs erscheint, weil ihr die Fahrt zu lang ist, macht sich die in sie verliebte Jamie sich auf den Weg nach Livingston.
Als Vorlage für diese Geschichten dienten Kelly Reichardt die in dem Sammelband „Both ways ist he only way I want it“ enthaltenen Kurzgeschichten „Travis B.“, „Native Sandstone“ und „Tome“ der hochgelobten Autorin Maile Meloy. Kelly Reichardt behält in ihrem Film das skizzenhafte der Kurzgeschichten bei. Es sind kleine Episoden aus dem Leben der Frauen, in denen wir viel über sie erfahren, aber auch vieles noch nicht einmal angesprochen wird. Dafür beobachtet Kelly Reichardt ausdauernd Laura, Gina, Jamie und Beth in alltäglichen Situationen und das ist überhaupt nicht langweilig. Denn es sind vier sehr verschiedene Frauen.
Ihr Episodendrama verlangt allerdings, wie immer bei Kelly Reichardt, einen geduldigen Zuschauer, der sich auf den langsamen Erzählrhythmus einlässt und der nicht nach der üblichen Hollywood-Dramaturgie und Konfliktlösung giert. Auch ihre Charaktere passen nicht in die gängigen Hollywood-Klischees. Dafür ähneln sie zu sehr ganz normalen Menschen mit ganz normalen Problemen.
„Certain Women“ ist wie das Leben: weitgehend undramatisch in den bekannten Bahnen, in denen Veränderungen langsam geschehen, aber nicht unspannend. Das liegt auch daran, dass in jeder Episode große Themen und Fragen auf eine leise, intime Art angesprochen werden.
Certain Women (Certain Women, USA 2016)
Regie: Kelly Reichardt
Drehbuch: Kelly Reichardt
LV: Maile Meloy: Both ways is the only way I want it: Stories, 2009
mit Laura Dern, Kristen Stewart, Michelle Williams, Lily Gladstone, James Le Gros, Jared Harris, Rene Auberjonois, John Getz
Auf den ersten Blick – Autor, Regisseur, Hauptdarsteller, Budget, Prämisse – wirkt „Allied – Vertraute Fremde“ wie eine willkommene Rückkehr zum klassischen Abenteuerfilm, der Romantik mit Abenteuer verbindet. Historisch nicht unbedingt hundertprozentig akkurat, aber höchst unterhaltsam. Und dann zündet der Film ähnlich furios wie ein nasser Silvesterkracher.
Die Gründe für dieses Scheitern sind das Drehbuch und die beiden Hauptdarsteller Brad Pitt und Marion Cotillard, denen man das Liebespaar niemals abnimmt.
Brad Pitt spielt den Geheimagenden Max Vatan. Ein Kanadier, der für die britische Special Operations Executive (SOE) arbeitet. 1942 wird er zu einem Geheimdienst-Einsatz nach Casablanca geschickt. Es gibt, um jetzt eine mehr als offensichtliche Inspiration zu nennen, zwar ein Café, aber keinen Humphrey Bogart und keine Ingrid Bergman. Dafür trifft Max Marianne Beauséjour (Marion Cotillard). Die französische Widerstandskämpferin ist seine lokale Kontaktperson, die ihn in die Kreise der deutschen Besatzer einführt. Sie wollen während einer Feier den deutschen Botschafter erschießen.
Während der Mission verlieben sie sich, heiraten, kriegen ein Kind (begleitet von den Bomben, die die Deutschen über London abwerfen) und, während sie in ihrer neuen Rolle als fürsorgliche Mutter aufgeht, arbeitet er als Offizier in der SOE-Zentrale. Max und Marianne führen in London ein zutiefst bürgerliches Leben, bis Max von seinen Vorgesetzten darüber informiert wird, dass seine Frau eine deutsche Agentin sei. Er soll sie, nach dem Beweis ihrer Schuld, töten. Aber er will ihre Unschuld beweisen.
Ab diesem Moment erwartet der Genrejunkie ein Spiel, in dem es in jeder Minute Dinge gibt, die Marianne belasten oder entlasten. Schließlich will Max nicht nur Mariannes Unschuld beweisen, sondern auch den Verräter finden.
Das klingt doch noch einem klassischen Weltkrieg-II-Spionagethriller, verbunden mit einer prickelnden Liebesgeschichte, wie man ihn heute nicht mehr im Kino, aber im Fernsehen aus unzähligen Nachmittagswiederholungen kennt und immer wieder gerne sieht.
Das war auch von den Machern, immerhin „Eastern Promises“-Autor Steven Knight und „Forrest Gump“-Regisseur Robert Zemeckis geplant.
Geliefert bekommt man eine mehr als lauwarme Spurensuche, in die Marianne nicht involviert ist. Sie bleibt in der zweiten Filmhälfte in jeder Beziehung passiv. Er sucht währenddessen, ohne ihr etwas davon zu sagen Beweise für ihre Unschuld. Im Krieg gestaltet sich das etwas schwierig, aber letztendlich folgt diese Suche der Logik eines Weihnachtseinkaufs mit festem Wunschzettel, der in einem gut sortiertem Geschäft erledigt wird. Spannung wird dagegen anders buchstabiert.
Ein weiteres Problem ist, dass bis zu dem Moment, in dem Max mit dem auf seiner Frau lastendem Verdacht unglaublich viel Filmzeit vergeht. Schon der erste Akt in Casablanca entwickelt sich im Rahmen der anvisierten Geschichte und des damit verbundenen Konflikts zäh und ist mit vierzig Minuten viel zu lang geraten. In London vergehen dann wieder um die zwanzig Minuten in denen uns das glückliche, bürgerliche, konflikt- und verdachtsfreie Familienleben von Max und Marianne gezeigt wird. Erst danach erfährt Max (und wir als Zuschauer), dass seine Frau eine deutsche Spionin sein soll. Erst in diesem Moment, der in einem besser konstruiertem Film spätestens nach einer halben Stunde hätte kommen sollen (bewährter Syd-Field-Ratschlag), steht er vor der Frage, ob er ihr vertrauen kann; ob sie die Person ist, die sie behauptet zu sein. Bis dahin ist „Allied – Vertraute Fremde“ eine ganz banale, spannungsfreie Liebesgeschichte vor dem Hintergrund des Krieges und der von Misstrauen geprägten Welt der Geheimdienste und ihrer abenteuerlichen Aktionen.
Es ist allerdings auch eine Liebesgeschichte, in der auf der Leinwand zwischen Brad Pitt und Marion Cotillard erschreckend wenig Leidenschaft herrscht. Um zu zeigen, wie aufgewühlt und verliebt sie sind, bietet Robert Zemeckis einen ganzen Sandsturm auf, der um ihr Auto tobt, während sie das tun, was verliebte Paare halt so tun, wenn sie gemeinsam in einem Auto sitzen. Nur: es hilft nicht.
„Allied – Vertraute Fremde“ macht erschreckend wenig aus seiner mehr als vielversprechenden Prämisse und angesichts der involvierten Personen ist der Film eine der großen Enttäuschungen des Kinojahres.
Allied – Vertraute Fremde(Allied, USA 2016)
Regie: Robert Zemeckis
Drehbuch: Steven Knight
mit Brad Pitt, Marion Cotillard, Jared Harris, Lizzy Caplan, Daniel Betts, Matthew Goode, August Diehl
ARD, 22.45 Lincoln (Lincoln, USA 2012)
Regie: Steven Spielberg
Drehbuch: Tony Kushner
LV: Doris Kearns Goodwin: Team of Rivals: The political Genius of Abraham Lincoln, 2005
Ohne historisches Vorwissen bestenfalls durchwachsenes Biopic über Abraham Lincolns Kampf um den 13. Verfassungszusatz (das ist der, der die Sklaverei abschaffte). Kurz nachdem der Zusatz im Kongress verabschiedet wurde, wurde Lincoln ermordet. Weil der Film mit seinem nicht gezeigten Tod endet, ist „Lincoln“ auch ein Film über die letzten Tage Lincolns. Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.
mit Daniel Day-Lewis, Sally Field, David Strathairn, Tommy Lee Jones, Joseph Gordon-Levitt, James Spader, Hal Holbrook, John Hawkes, Jackie Earle Haley, Bruce McGill, Tim Blake Nelson , Jared Harris, Gloria Reuben, Walton Goggins , David Oyelowo, Lukas Haas, Gregory Itzin, S. Epatha Merkerson
Wenn wir das „Das Original ist besser“-Gerede links liegen lassen, hat „Poltergeist“, Gil Kenans Remake des gleichnamigen Horrorfilms von Tobe Hooper (mit Steven-Spielberg-Vibe), zwei aktuelle Probleme: „Conjuring – Die Heimsuchung“ und „Der Babadook“ – zwei neue Horrorfilme, in denen in einem Haus die Hölle los ist, und die verdammt gut sind. Dagegen ist „Poltergeist“ nur ein laues Lüftchen, das vorhersehbar das Haunted-House-Horrorfilmgenre bedient. Denn die von Steven Spielberg erfundene Geschichte war schon beim 1982er Film altbekannt.
Die Familie Bowen zieht in ein wunderschönes Vorstadthaus, das direkt neben einer Grünanlage liegt. Schon bei der Besichtigung gibt es seltsame Ereignisse, die in den nächsten Tagen immer größere Dimensionen annehmen, bis – als vorläufiger Höhepunkt – die jüngste Tochter Maddy in eine andere Dimension verschwindet. Ihre beiden Geschwister Griffin und Kendra, Vater Eric (Sam Rockwell) und Mutter Amy (Rosemarie DeWitt, beide unterfordert), ein Team von universitären Forschern und ein professioneller Geisterjäger mit einer TV-Sendung versuchen jetzt das Kind zu retten.
Der Kontakt erfolgt dabei – und das war schon im Original der originelle Moment, der für das bekannte Plakatmotiv sorgte – über den Fernseher.
Der originale „Poltergeist“-Film überzeugte als altmodischer Geisterfilm, der die bekannte Geschichte mit guten Tricks noch einmal schlüssig in zwei Stunden erzählte. Er war die düstere Variante von „E. T.“, dem Film, den Steven Spielberg drehte, während er „Poltergeist“ produzierte und Tobe Hooper den Regiestuhl überließ. Schon während des Drehs gab es Diskussionen darüber, wie sehr Spielberg dann doch die Regie und den Schnitt übernahm. Der Film war ein Hit. In zwei Fortsetzungen durfte der Poltergeist weiter poltern.
Bei dem Remake übernahm Gil Kenan die Regie. Sein Regiedebüt war der Oscar-nominierten Animationsfilm „Monster House“ über ein sehr lebendiges Horrorhaus. „Tanz der Teufel“ Sam Raimi produzierte und selbstverständlich wird jetzt in 3D gepoltert. Es wurde – obwohl es eher nach einer Konvertierung aussieht – sogar in 3D gedreht. Trotzdem wirken die räumlichen Dimensionen auf eine ärgerliche Art immer etwas falsch. Denn, im Gegensatz zu einem Film Noir oder einem expressionistischem Horrorfilm, ist eine eindeutige künstlerische Aussage nie erkennbar. Immerhin gibt es keine Wackelkamera, kein Found-Footage-Gedöns und keine Splatter- und Folterorgien. Vor allem letzteres wäre in einem Geisterhausfilm auch etwas unpassend.
Im Gegensatz zu „Der Babadook“ ist „Poltergeist“ nur eine Geisterbahnfahrt: es gibt die erwartbaren Schocks und Überraschungen, aber die Seele, das Thema, das, was den Film zu mehr als einer Horrorshow machen könnte, fehlt. Die bösen Poltergeister sind einfach nur Tote, die stinkig sind, dass jemand ihre Grabsteine versetzt hat.